Am Dienstagabend (29.) fand im großen Saal des darmstadtiums das 5. Bürgerforum „Masterplan DA 2030+ ////Darmstadt weiterdenken“ statt. Es war die vorerst letzte Veranstaltung in einer Reihe von Bürgerforen, die seit 2017 zusammen mit weiteren Stadtaktionen die Erstellung des Masterplans DA 2030+ nicht nur begleiteten, sondern maßgeblich prägten. Unter Einhaltung der aktuellen Hygiene-Konzepte konnten 195 Menschen, unter ihnen Planungsdezernentin Dr. Barbara Boczek und Umweltdezernentin Barbara Akdeniz, unmittelbar teilnehmen. Die Beteiligung bei dem hybriden Format war außerdem online via Livestream möglich.
Im Zentrum des Abends stand die Vorstellung der Ziele und zentralen Inhalte des Masterplans. Auch wie intensiv sich die Bürgerschaft eingebracht hat, wurde nochmals beleuchtet. Planungsdezernentin Dr. Barbara Boczek dankte neben den Kolleginnen und Kollegen der planenden Verwaltung und der beteiligten Büros deshalb vor allem den Bürgerinnen und Bürgern, die den Entstehungsprozess des Masterplans über vier Jahre hinweg konstant begleitet hatten.
Oberbürgermeister Jochen Partsch sagte schon im Vorfeld der Veranstaltung: „Leider können wir derzeit keine Planungswerkstätten mit 400 und mehr Menschen in einem Raum durchführen. Aber der kreative Geist der Bürgerforen in der Centralstation und im Justus-Liebig-Haus hat uns auch noch durch die letzten Meter der Masterplan-Erstellung unter Covid-19-Bedingungen getragen. Dabei schließe ich ausdrücklich auch die Diskussion zum Entwurf des Planwerks im Frühjahr und den Maßgabeantrag für die Stadtverordnetenversammlung ein. So funktioniert lokale Demokratie. Es ist ein gutes Zeichen für unser Gemeinwesen, wenn wir über Dinge, die uns wichtig sind, mit Herz und Leidenschaft debattieren. Das hat den Masterplan DA 2030+ am Ende noch einmal besser gemacht – genauso wie es verdeutlicht hat, wie wichtig es ist, dass wir eine Idee von der Zukunft unserer Stadt haben, die über das unmittelbare hier und jetzt ebenso wie über die persönlichen Bedürfnisse hinausgeht.“
Dies griff Stadträtin Dr. Barbara Boczek während der Veranstaltung auf: „Mit dem Masterplan 2030+ und allen Veranstaltungen in seinem Umfeld wird eine Leerstelle gefüllt, die in Darmstadt seit der Festlegung auf das Leitbild Wissenschaftsstadt in den 1990er Jahren bestand. Es fehlten eine niedergeschriebene Vision für Darmstadt ebenso wie ein Konzept der räumlichen Entwicklung, die sich nicht in Detailfragen einzelner Grundstücke verlieren, sondern die großen Linien skizzieren, an denen man sich von nun an orientieren kann.“
Vertieft wurde dies in Podiumsdiskussionen zu den drei im Masterplan herausgearbeiteten Haupthandlungsfeldern „Darmstadt nutzt seine Ressourcen und Flächen verantwortungsvoll“, „Darmstadt stärkt Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie“ sowie „Darmstadts Quartiere sichern Lebensqualität und Teilhabe“, an denen neben den Stadträtinnen Boczek und Akdeniz auch verschiedene externe Fachleute teilnahmen. Ein Feedback des Publikums erfolgte dabei nicht nur im Saal. Möglich war auch eine Onlinebeteiligung. Sowohl das Publikum im Saal als auch viele Online-Teilnehmende nutzten die Möglichkeit, vielfältigste Fragen zu den Themen der Stadtentwicklung zu stellen. Die Fragen betrafen somit auch alle drei Handlungsfelder; es wurden u. a. Fragen zu neuen Gewerbeflächen, zum Stadtklima, zur Sicherung von Infrastrukturen in den Quartieren oder zur Umverteilung der Verkehrsflächen sowie zu den weiteren Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung gestellt.
Daniel Luchterhandt, der mit seinem Büro intensiv an der Fragestellung der Wohnbauflächen im Masterplanprozess gearbeitet hat, stellte mit seinem Impulsvortrag zu Beginn der Veranstaltung fest, dass der Maßgabeantrag die Umsetzung des Masterplanes noch anspruchsvoller macht. Es werden auch zukünftig viele Menschen nach Darmstadt ziehen wollen, für die Wohnraum geschaffen werden muss. Eine Akzeptanz von Veränderungen sei unumgänglich, um Flächenumwandlungen und eine Verdichtung in den Quartieren zu erreichen.
Barbara Boczek erläuterte zu den Handlungsfeldern: „Der Masterplan bietet uns einen umfassenden Werkzeugkasten, z. B. für die weitere Entwicklung von gemischten Standorten mit vielfältigen Nutzungen wie Wohnen, Arbeiten und Forschen, aber auch sozialer Infrastruktur und Versorgung. Dies ist im Sinne einer „Stadt der kurzen Wege“, die sich sicher und schnell mit dem Umweltverbund bewältigen lassen. Es wurde gezeigt wie eine bauliche Ergänzung von Quartieren auch Mehrwerte für die Bewohnerinnen und Bewohner schafft, indem beispielsweise neue Wohnformen und -typen für Senioren, Familien, Baugemeinschaften, Einkommensschwächere den Verbleib im Quartier bei wechselnden Lebenssituationen ermöglichen können.“
Neben dem Bauen verwies Barbara Boczek auf weitere Entwicklungsfaktoren: „Ein Kern des Darmstädter Masterplans ist die Konzentration auf die doppelte Innenentwicklung. Die bauliche Verdichtung wird einhergehen mit einer Verdichtung der grünen Infrastruktur, sei es in Grünanlagen oder bei der Gebäudebegrünung. Dies ist essenziell für die Klimaresilienz, die Biodiversität, aber auch für die Wohnumfeldqualität. Dazu gehört auch die Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, deren Bedeutung die Corona-Pandemie allen verdeutlicht hat.“
Umweltdezernentin Akdeniz verwies in ihrem Statement auf folgende Themenstellungen: „Grundsätzlich ist bei der Verteilung von Ressourcen, ob dies nun Flächen, Wohnraum oder Güter sind, eine gerechte Verteilung und Teilhabe aller notwendig. Es kann nicht sein, dass Wenige viel und Viele wenig haben. Soziale Gerechtigkeit ist ein Maßstab in der Entwicklung unserer Stadt. Ebenso wie die Anpassung der Stadt an die Bedingungen des Klimawandels und zugleich der Kampf gegen die Überhitzung der Erde aus den Städten heraus, eine existenzielle Zukunftsfragen ist, der wir uns stellen und die der Masterplan zusammen mit einem neuen Klimaschutzkonzept bearbeiten wird. Dies hat Priorität bei allen Entscheidungen, die anstehen. Deshalb und weil es die Lebensqualität in Darmstadt massiv erhöht, steht der Plan auch für die endgültige Abkehr vom Modell der autogerechten Stadt und für eine ökologische, urbane Mobilitätswende ebenso wie für die Stärkung der Grünräume in und um die Stadt.“
Abschließend betonte Planungsdezernentin Boczek, dass das Bürgerforum für den Masterplan keinen Endpunkt setze. Insbesondere Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Stadt- und Raumstrukturen müssten intensiv weiter beobachtet und in die konkrete Planung eingebracht werden. Es sei sicher, dass sich das Gesicht der Städte, im Besonderen der Cities, dadurch verändern werde. Darin lägen Risiken, aber durchaus auch Chancen für neue Gestaltungsideen und Funktionsmischungen. Man habe deshalb entschieden, abgestimmt auf weitere Aktionspfade des Citymarketings eigens ein Innenstadt-Entwicklungskonzept auf den Weg zu bringen.
Hintergrund:
Die Erarbeitung des Masterplans DA 2030+ erfolgte mit umfangreicher Beteiligung der Bürgerschaft sowie Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft von 2017 bis Ende 2019 u.a. in vier großen Bürgerforen und weiteren Stadtaktionen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Beteiligung wurden Ideen und Szenarien für die künftige Stadtentwicklung von fünf Planungsteams erarbeitet. Jedes Planungsteam war für ein spezielles Arbeitsfeld zuständig, das sinnbildlich für die aktuellen Entwicklungsherausforderungen in Darmstadt steht. Die Ideen der fünf Planungsteams wurden daraufhin zusammengeführt und mit der breit aufgestellten Lenkungsgruppe und der Verwaltung abgestimmt. Es kristallisierten sich die drei genannten Handlungsfelder heraus, denen Maßnahmen mit unterschiedlichen Umsetzungszeithorizonten zugeordnet sind.