Bis 1945 waren auch in Darmstadt vor allem Kriegsdenkmäler üblich, die an militärische Errungenschaften oder Gefallene erinnern sollten. Nach 1945, bedingt durch den Terror der NS-Herrschaft und den Schrecken des Zweiten Weltkriegs, wandelte sich dieses Bild grundlegend: Denkmäler wollten nun nicht mehr wie bisher Ruhm und Ehre der Kämpfenden und Gefallenen in den Mittelpunkt stellen, sondern dem Sterben und Leiden aller vom Krieg Betroffenen gedenken. Etliche Gedenkstätten in Darmstadt halten daher die Erinnerung an die Opfer von Verfolgung wach und mahnen zu Frieden und Versöhnung. Eine Auswahl dieser städtischen Gedenk- und Erinnerungsorte ist auf dieser Seite zu finden.

Erinnerungsort Liberale Synagoge

Die in dreijähriger Bauzeit nach einem Entwurf von Edmund Köhler errichtete und am 24. Februar 1876 eingeweihte Liberale Synagoge Friedrichstraße war bis zu ihrer Zerstörung während der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 ein integraler Bestandteil der Stadt. Nach den Ausschreitungen dieser Nacht war nur noch eine ausgebrannte Ruine übrig, die unter der Bebauung der nachfolgenden Jahre verschwand. Im Oktober 2003 wurden bei Bauarbeiten für einen Neubau des Klinikums Darmstadt die Teile der Grundmauern der zerstörten Liberalen Synagoge entdeckt.

Am 9. November 2009 wurde hier der Erinnerungsort Liberale Synagoge eingeweiht. Zentrum des Erinnerungsortes sind die Fundamente des ehemaligen Thoraschreins und eines Turmes. Ein von den Installationskünstlern Ritula Fränkel und Nicholas Morris konzipierter künstlerisch–didaktischer Parcours erzählt die Geschichte dieses Ortes. Als räumliche Inszenierung ersteht das Bild der Synagoge wie sie früher aussah und nach der Zerstörung. Zeitzeugen-Interviews und Dokumente vermitteln eine Vorstellung von dem Leben vor der Verfolgung der Juden in Darmstadt, den Schikanen des Nationalsozialismus und den Ereignissen nach der Pogromnacht. Der Erinnerungsort Liberale Synagoge versteht sich als Depot der Erinnerung, als Mittler zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Am authentischen Ort des Geschehenen wird auf die „verschwundene“ Vergangenheit, auf das, was nicht mehr sichtbar ist, verwiesen.
Weitere Informationen zum Erinnerungsort Liberale Synagoge und Führungen.

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Denkzeichen Güterbahnhof

Zur Erinnerung an die Juden und Sinti, die 1942/1943 von Darmstadt in die Vernichtungslager Deportation wurden, wurde 2004 das Denkzeichen Güterbahnhof in der Bismarckstraße/Ecke Kirschenallee. am ehemaligen Güterbahnhof, errichtet. Entworfen wurde das Denkzeichen von dem Künstlerpaar Ritula Fränkel und Nicholas Morris. Von einem Prellbock führen Eisenbahnschienen zu einem Glaskubus. Im Inneren des Kubus befinden sich Glasscherben, auf denen 450 Namen graviert sind, stellvertretend für 3.400 Menschen aus Darmstadt und der Region, die von diesem Ort aus in die Konzentrationslager Osteuropas gebracht wurden.

Weitere Informationen finden Sie auf www.denkzeichen-gueterbahnhof.de

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Gedenktafel Bleichstraße/Ecke Grafenstraße

Auf diesem Grundstück stand die Synagoge der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde. Nach Plänen von Ernst Wickop 1905/1906 erbaut, wurde sie in der Pogromnacht am 9./10.11.1938 vollständig zerstört. Der vom Darmstädter Bildhauer Christfried Präger geschaffene und 1983 eingeweihte Gedenkstein, dessen Gestaltung an eine Klagemauer erinnert, zeigt eine Inschrift in deutscher und hebräischer Sprache. Der am Boden eingelassene Davidstern besteht aus Granitsteinen aus dem KZ Flossenbürg.

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Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft

Das Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft, 1989 geschaffen vom Darmstädter Bildhauer Thomas Duttenhoefer und an der Erich-Ollenhauer-Promenade aufgestellt, zeigt eine vornübergebeugte menschliche Gestalt ohne Hände und Füße mit gesichtslosem Kopf, deren Körper gezeichnet ist von Rissen und Wunden und an dessen Schläfe eine Schläfenlocke herabhängt.

Das Mahnmal wurde am 01. September 1989, dem Jahrestag des Angriffs der Deutschen Wehrmacht auf Polen, eingeweiht. Ein Zweitguß der Plastik wurde 1991 in der polnischen Stadt Płock aufgestellt.

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Mahnmal für die Opfer des § 175 StGB auf der Theaterwiese

Die Skulptur die „Schattenseite des Regenbogens“ erinnert an die Leiden der Menschen, die über Jahrzehnte hinweg wegen ihrer homosexuellen Orientierung mit dem Paragrafen 175 des Strafgesetzbuchs entrechtet und verfolgt wurden. Der Strafrechtsparagraf 175 galt von 1872 bis 1994. Er bildete die rechtliche Grundlage für die Demütigung, Ausgrenzung, Verfolgung und – während der Zeit des Nationalsozialismus – auch für die Ermordung von Menschen wegen ihrer geschlechtlichen Orientierung.

Das Kunstwerk, das zur Städtischen Kunstsammlung gehört, wurde im Oktober 2022 unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit eingeweiht. Die Gestaltung des Mahnmals war in einem zweistufigen künstlerischen Wettbewerb ermittelt worden, in den auch das Votum von Bürgerinnen und Bürgern eingeflossen ist. Der stählerne Bogen ist in der Mitte so gefaltet, dass sich zwei Hälften ergeben: Die eine ist bunt gestaltet, die andere ist silberfarben. Sie trägt den Schriftzug „IM GEDENKEN AN DIE OPFER DES § 175 StGB“.

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Gedenktafel an der Pforte zum Klinikum in Eberstadt

Eine Gedenktafel an der Pforte des Klinikums Darmstadt in Eberstadt erinnert seit 2015 an die unrühmliche Geschichte des Landes-Alten- und Pflegeheims in den Jahren der NS-Zeit und des Rassenwahns.

Die Gebäude wurden 1903 von der Großherzoglichen Provinzialdirektion von Starkenburg errichtet, um Arme, Alte sowie körperlich oder geistig Behinderte zu versorgen. Bis zu 600 Frauen und Männer waren hier untergebracht. Ab 1933 wurden Erbkranke und geistig Behinderte zwangssterilisiert. 1941 starben 80 von ihnen, darunter auch jüdische Pfleglinge, in der Gaskammer von Hadamar, weil ihr Leben den damaligen Machthabern als „unwert" galt. 1941 wurde in den Gebäuden ein Lazarett eingerichtet und etwa 220 Pfleglinge mussten in anderen Anstalten untergebracht werden, die wiederum selbst an der reichsweiten Tötungsaktion beteiligt waren. Das Schicksal dieser Heimbewohner ist unbekannt, sie gelten als verschollen.

Der düstere Teil der Vergangenheit des Pflegeheimes wurde erst vor einigen Jahren entdeckt, als Akten aus der NS-Zeit gefunden und in dem 2013 erschienen Buch "Ins Licht gerückt - Von der Provinzial-Pflegeanstalt Eberstadt zum Teilklinikum der Stadt Darmstadt" veröffentlicht wurden.

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Mahnmal zum Gedenken an die Verfolgung der Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten

Das von dem Künstler Bernhard&Meyer gestaltete Mahnmal in der Großen Bachgasse erinnert an die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten. Am 15. März 1943 wurden fast alle in Darmstadt lebenden Sinti und Roma mit mehreren Zügen in das Konzentrationslager Auschwitz – Birkenau deportiert.

Das Denkmal hat die Grundform eines Keils und besteht aus rostendem Eisen. Es trägt eine vom Landesverband der Sinti und Roma verfasste Dokumentation. Unter schwarzen und weißen Marmortafeln befinden sich Kupfertafeln mit Zitaten von Überlebenden. Das Mahnmal wurde am 15. März 1997 eingeweiht.

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Stadtkapelle

Die kleine, neugotische Kapelle (1868-70) auf dem 1564 angelegten Friedhof am Kapellplatz brannte im Zweiten Weltkrieg fast völlig aus, die Reste des Friedhofes wurden zerstört.

Lediglich ein Teil der Außenmauern blieb erhalten, wurde als Ruine gesichert und 1954 mit einem sieben Meter hohen Granitkreuz als Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges gestaltet. 1995 schuf der Bildhauer Thomas Duttenhoefer zum 50. Jahrestag des Kriegsendes eine überlebensgroße Bronzeplastik als Mahnmal – ein von Schmerz gekrümmter Mensch, der in die Knie bricht.

Die Inschrift der Gedenkstätte lautet: „Den Toten zum Gedächtnis, sie ruhen in Frieden. Den Lebenden zur Mahnung, haltet fest am Frieden.“

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Waldfriedhof

Das Ehrenmal für die Opfer der sogenannten “Brandnacht” am 11./12.September 1944 erinnert an die über 11.000 Toten des Luftangriffs, die auf dem Waldfriedhof ruhen. 

Die drei großen, liegende Bronzefiguren hatte 1957 der Darmstädter Bildhauer Fritz Schwarzbeck geschaffen. 

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Mahnmal zur Deutschen Einheit

Das Mahnmal wurde am 17.Juni 1965 zum Gedenken an den Tag der Deutschen Einheit am Hauptbahnhof aufgestellt. Nach Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes befindet sich die Marmorstele – eine Arbeit des Bildhauers Hans Aeschbacher – heute an der Ostseite des Platzes der Deutschen Einheit.

Aus einer gemeinsamen Basis, die das Datum „17.Juni 1953“ trägt, erheben sich zwei eng beieinander, aber doch getrennt stehende schmale Steinsegmente – als Symbole für das ehemals geteilte Deutschland.

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Paulusplatz

Auf dem Paulusplatz wurde 1993 das Mahnmal des israelischen Bildhauers Igael Tumarkin aufgestellt – zwei aus Schmiedstahl gefertigte Stelen, die die Opferung Isaaks und die Kreuzigung Christi darstellen.

Die Stelen stehen selbstständig und unverbunden aber dennoch nebeneinander und sollen so die Eigenständigkeit und gleichzeitig die Aufeinanderbezogenheit von Judentum und Christentum verdeutlichen – ein Zeichen jüdisch-christlicher Versöhnung.

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Vertreibung aus osteuropäischen Ländern

An der Ecke Thüringer Straße / Reuterallee steht seit 1985 ein von der Landmannschaft Ost- und Westpreußen in Auftrag gegebenes Denkmal.

Die von Richard Grütz entworfene Freiplastik trägt auf Stahlplatten den Namen verschiedener deutscher Städte, die Entfernungsangabe und Namen berühmter Deutscher.

Die Bodenplatte trägt die Inschrift: „Im vierzigsten Jahr der Vertreibung und im fünfunddreißigsten Jahr des feierlichen Verzichts auf Rache und Vergeltung.“

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Mahnmal vor der Viktoriaschule

An die Ermordung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnert das Mahnmal vor dem Haupteingang der Viktoriaschule. Eine Pyramide aus poliertem, schwarzem Stein trägt die Inschrift „Gegen Vergessen und Gleichgültigkeit“. Unter der Überschrift „Vier Namen für Viele“ stehen die Namen von vier ehemaligen Schülerinnen, die in Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden.

Das von dem Darmstädter Steinmetz Michael Rölke gestaltete Mahnmal wurde am 27.01.1997 eingeweiht.

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