Europäischer Zusammenhalt

Europa ist die politische Heimat der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Ausdruck dessen waren schon die ersten europäischen Partnerschaften, die in der Nachkriegszeit insbesondere mit dem Ziel der Aussöhnung etabliert wurden. Getragen von dem Engagement der politisch Verantwortliche und der interessierten Bürgerschaft wurden und werden europäische Werte wie Frieden, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Stadt gelebt und gefördert. Gleichzeitig nimmt die Stadt seit Gründung der Europäischen Union bzw. ihrer Vorläufer ihre Rolle als starke Kommune innerhalb des europäischen Mehrebenensystems wahr und engagiert sich in Zusammenschlüssen wie dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) sowie dem Hessischen und Deutschen Städtetag für die Stärkung der Mitbestimmung und der Durchsetzung kommunaler Interessen. Die Aktivitäten der Stadt folgen der Überzeugung, dass die europäischen Werte nur gemeinsam, unter Beteiligung der Menschen vor Ort, in Abstimmung mit den europäischen Partnerstädten und den nationalen und europäischen Institutionen wirksam verwirklicht und erhalten werden können.

Gemeinsame Bewältigung von Krisen

Insbesondere in schwierigen Zeiten wie diesen, scheint der europäische Zusammenhalt umso wichtiger. Angesichts der vielseitigen Herausforderungen, darunter der Klimawandel, die COVID-19-Pandemie und allen voran der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, ist Europa mehr denn je auf transnationale Kooperationen angewiesen. Dadurch werden Städtepartnerschaften zu entscheidenden Instrumenten in der Krisenbewältigung. Einerseits dienen die bereits etablierten Netzwerke zwischen Städten und Gemeinden dem gemeinsamen Austausch von Wissen und Ressourcen, um Lösungsansätze für gesamteuropäische Herausforderungen zu erarbeiten. Zudem erleichtern die bestehenden kommunalen Kooperationsstrukturen die Durchführung konkreter Hilfsmaßnahmen, die dadurch oft schneller und effizienter organisiert werden als auf nationaler Ebene.

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt stand in Krisenzeiten stets an der Seite seiner Partnerstädte, insbesondere während der COVID-19-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine. So leistete Darmstadt umfassende Unterstützung für seine Schwesterstadt Brescia, eine der am stärksten von Corona betroffenen Regionen Italiens. In einer beeindruckenden Spendenaktion zeigte Darmstadt seine Solidarität: 35.000 € wurden für den Hilfsfonds SOStieni Brescia gesammelt, der in Not geratenen Familien, Kleinunternehmen und Handwerksbetrieben zugutekamen. Zusätzlich wurden Sachspenden, darunter Einmal-Schutzausrüstungen und Atemschutzmasken von Merck, bereitgestellt. Diese Zusammenarbeit wurde durch die Goerdeler-Stiftung als „herausragend“ ausgezeichnet und von der Städteplattform Connective Cities in einem 8-minütigen Video mit dem Titel „Brescia und Darmstadt – Gemeinsam gegen die Pandemie“  dokumentiert.

Ebenfalls stark von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen war Darmstadts ukrainische Partnerstadt Uzhhorod. Als unterstützende und gleichzeitig präventive Maßnahme für eventuell bevorstehende Gesundheitskrisen führte die Stadt im Jahr 2021 das „Corona-Solidarpaket“ durch, finanziert durch Engagement Global gGmbH mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das Programm beinhaltete in erster Linie einen fachlichen Austausch zwischen medizinischen Einrichtungen der beiden Städte und die Lieferung von medizinischer und technischer Ausrüstung von Darmstadt nach Uzhhorod. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie im Bereich Städtische Projekte

Ukraine-Krieg

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24.02.2022 hat sich die Stadt Darmstadt klar gegen die russische Aggression positioniert und sich zur Solidarität mit der ukrainischen Partnerstadt Uzhhorod bekannt. Bereits am ersten Tag des Krieges kam es auf Initiative des Magistrats, Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung und engagierter Menschen zu einer ersten Solidaritätskundgebung im Zentrum der Stadt. Dabei wurde die Überzeugung formuliert, dass diese Aggression die Beziehungen zur ukrainischen Partnerstadt und der gesamten Ukraine nur weiter stärken und nicht schwächen wird. Seither findet seit nunmehr zwei Jahren jeden Samstag eine von einem breiten Bündnis aus Parteien, Vereinen und Organisationen der Zivilgesellschaft, Gemeinden und engagierten Menschen getragene Friedenskundgebung in der Stadt Darmstadt statt. 

Direkt zu Kriegsbeginn wurde ein städtischer Krisenstab eingerichtet, der zunächst bis Ende 2022 tagte und wöchentlich die Situation der Geflüchteten in Darmstadt sowie die Unterstützung der Partnerstadt koordiniert bearbeitete. Auch wurde ein Spendenkonto eingerichtet, auf dem bisher ca. 270.000 € von Darmstädter Privatpersonen, Vereinen, Unternehmen und weiteren Einrichtungen eingegangen sind (Stand Dez. 2023). 

Mit politischen Verantwortlichen der Stadt Uzhhorod, dem Bürgermeister Bohdan Andriyiv und der Verwaltung sowie dem vor Ort tätigen „Partnerschaftsverein Darmstadt-Uzhhorod“ steht die Darmstädter Verwaltung in ständigem Kontakt. 

Unmittelbar nach Beginn des Krieges versicherte die Stadtspitze der Partnerstadt ihre Solidarität und Bereitschaft, zielgerichtete Hilfe zu leisten. Die Stadt Uzhhorod liegt im äußersten Westen der Ukraine an der Grenze zur Slowakei und ist daher bisher von direkten Kriegshandlungen verschont geblieben. Gleichwohl ist es eine Stadt im Kriegszustand mit ständigem Raketenalarm, Familien, deren, zumeist männliche, Mitglieder an der Front im Einsatz sind und mitunter nicht lebend zurückkehren. Es haben außerdem zwischen 10.000 und 20.000 Geflüchtete aus anderen Regionen der Ukraine in Uzhhorod eine sicherere Zuflucht gefunden. Der entsprechende Anstieg der Bevölkerungszahl führt zunehmend zu einer Überlastung der städtischen Infrastruktur. 

Schon wenige Tage nach Kriegsbeginn konnte, mithilfe des Partnerschaftsvereins Deutschland Ukraine/Moldova e.V. (PDUM e.V.) und engagierter Menschen, ein erster Hilfstransport nach Uzhhorod entsandt werden. Bis Ende 2023 folgten 9 weitere Hilfstransporte mit Lebensmitteln und Hygieneprodukten, Generatoren und großen Stromaggregaten, Fahrzeugen und Geräten zum Abfallmanagement sowie medizinischen Geräten und Material im Gesamtwert von über 800.000 €. Die Hilfsgüter leisten in Uzhhorod einen wichtigen Beitrag sowohl zur Unterstützung der Binnengeflüchteten als auch zur Aufrechterhaltung der kommunalen Infrastruktur. Die Organisation und Durchführung der Hilfsleistungen waren und sind nur möglich durch die Unterstützung von städtischen Ämtern und Eigenbetrieben, kommunalen und privaten Unternehmen und weiterer Einrichtungen. Stellvertretend genannt seien hier das Klinikum Darmstadt, der EAD, das Gesundheitsamt für die Stadt Darmstadt und den Landkreis Darmstadt-Dieburg, PDUM e.V., Pulse of Europe, Unternehmer für Darmstadt e.V., Alnatura Produktions- und Handels GmbH, KAO Germany GmbH, Entega AG, Entega Stiftung und die Bauverein AG. 

Globale Städtediplomatie

„Globale Städtediplomatie“ bezieht sich auf die Rolle, die Kommunen heutzutage auf internationaler Ebene spielen, insbesondere in Bezug auf diplomatische Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen Städten weltweit, unabhängig von den nationalen Regierungen. Solche Kooperationen können sich in verschiedenen Bereichen entwickeln, bspw. in Bezug auf Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Kultur und Sport, Umweltschutz sowie Bildung und soziale Entwicklung.

Die Gründe für die zunehmende Beteiligung von Städten an globalen Angelegenheiten sind vielfältig. Städte gelten als die Zentren wirtschaftlicher Aktivitäten und kultureller Entwicklungen. Sie können oft schneller auf Herausforderungen, wie den Umstieg auf erneuerbare Energien, die Förderung von nachhaltiger Stadtentwicklung oder die Bewältigung von sozialen Ungleichheiten reagieren als nationale Regierungen. Daher nutzen Städte verstärkt ihre Autonomie, um eigenständig in globalen Netzwerken aktiv zu sein und um über bilaterale Partnerschaften den Austausch von Ressourcen und bewährten Praktiken zu fördern.

Insgesamt trägt die globale Städtediplomatie also dazu bei, dass Städte eine aktivere Rolle in der Gestaltung globaler Entwicklungen spielen und so zur Lösung globaler Probleme beitragen können.

Urban Diplomacy Exchange

Zwei markante Beispiele für Projekte im Bereich Globale Städtediplomatie, an denen die Stadt Darmstadt teilgenommen und mitgewirkt hat, sind die „Urban Diplomacy Exchange“-Projekte mit den Partnerkommunen in den USA und Großbritannien.

Die Projekte wurden von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag durchgeführt und durch das Auswärtige Amt gefördert. 

Ziele der Projekte sind die Stärkung und Vernetzung kommunaler Partnerschaften sowie die internationale Vernetzung von Städten. Im Fokus des Projekts standen gemeinsame Aktivitäten sowie der Austausch über Themen der Agenda 2030 und der Globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDG). Bearbeitet wurden diese Themen in virtuellen Konferenzen und Round tables der (Ober-)Bürgermeister*innen, in einer Präsenzkonferenz und anschließenden Fachdialogen. 

Sowohl bei dem Projekt mit den US-amerikanischen Partnerkommunen als auch bei dem anschließenden Projekt mit britischen Partnerkommunen wurde die Stadt Darmstadt ausgewählt, an den Präsenzkonferenzen im Oktober 2023 in Washington DC (USA) und im Juni 2023 in Leeds (Großbritannien) teilzunehmen. Diese boten Gelegenheiten, sich persönlich mit den Vertreter*innen der Partnerstädte auszutauschen und konkrete Projekte zu besprechen, sowie sich mit deutschen und britischen Kommunen auszutauschen und zu vernetzen. Dadurch wuchs das gegenseitige Verständnis für die Arbeitsweise und Organisation von Kommunen in den Partnerländern.

Wiederaufbau der Ukraine und Deutsch-Ukrainische Städtepartnerschafts-Konferenzen

Ein weiteres Feld, in dem die Stadt Darmstadt als Akteurin der Städtediplomatie tätig ist, stellt die aktuelle Lage in der Ukraine dar. Darmstadt ist eingebunden in den Diskurs über den Wiederaufbau der Ukraine. Dieser hat bereits begonnen, obwohl die Kampfhandlungen noch nicht beendet sind und die massiven Zerstörungen anhalten. Über die von der Bundesregierung und der ukrainischen Regierung eingerichtete „Plattform Wiederaufbau Ukraine“ nimmt Darmstadt an nationalen und internationalen Veranstaltungen und Diskussionen teil, immer fokussiert auf den Beitrag, den die Stadt innerhalb des Dreiecks Bund-Land-Kommune leisten kann. Dabei wird die besondere Situation der Partnerstadt Uzhhorod, die bisher von Kampfhandlungen und dementsprechend auch von Zerstörungen verschont geblieben ist, berücksichtigt. 

Ihre Expertise bringt die Stadt außerdem bei den jährlichen Deutsch-Ukrainischen Partnerschaftskonferenzen ein. Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Titel „Gemeinsam für Europa: Solidarität, Wiederaufbau, Zukunftsperspektiven“ fand diese zuletzt im November 2023 in Leipzig statt. Besondere Highlights waren dabei die Beiträge von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Präsident Wolodymir Selenskyj, Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze sowie der Oberbürgermeister der Partnerstädte Leipzig und Kyjiw, Burkhard Jung und Vitaliy Klitschko. 

Die Konferenz bietet die Gelegenheit, sich auf persönlicher Ebene mit der Partnerstadt auszutauschen und mit anderen deutschen und ukrainischen Städten zu vernetzen. Auch die Kontakte zu den an der Durchführung der Konferenz beteiligten Organisationen - dem Verband ukrainischer Städte, der All-Ukrainian Association of Amalgamated Territorial Communities, der Ukrainian Association of Rayon and Oblast Councils sowie dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund und dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas sind wertvoll im Hinblick auf die weitere Partnerschaftsarbeit der Stadt Darmstadt und die weiteren Entwicklungen zum Thema Nachkriegsordnung und Wiederaufbau der Ukraine. 

Internationale Erinnerungsarbeit

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt legt großen Wert auf eine äußerst aktive Erinnerungsarbeit und setzt sich mit verschiedenen Aktivitäten dafür ein, diese lebendig und gemeinsam mit der Zivilgesellschaft zu gestalten. Gleichzeitig spielt auch in diesem Bereich die internationale und weltoffene Ausrichtung der Stadt Darmstadt eine wichtige Rolle. 

Eine wichtige Säule ist dabei der Kontakt zu den Betroffenen selbst, zu ehemaligen jüdischen Darmstädter Bürgerinnen und Bürgern und ihren Nachkommen. Zum einen initiiert das städtische Kulturamt in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Stolpersteine Darmstadt Stolpersteinverlegungen für Opfer des Nationalsozialismus, die einen Teil ihres Lebens in Darmstadt verbracht haben. 

Zum anderen pflegt die Wissenschaftsstadt Darmstadt engen Kontakt zu Jüdinnen und Juden, die während des Zweiten Weltkriegs aus Darmstadt fliehen mussten, ebenso wie zu deren Nachkommen. Um die Beziehung zu den betroffenen Familien aufrechtzuerhalten, lädt die Stadt Darmstadt sie alle fünf Jahre am 09. November zu einem Zusammentreffen in ihre ehemalige Heimat ein. Anlass sind stets das gemeinsame Gedenken an die Reichpogromnacht von 1938 in Verbindung mit der Erinnerung an die Eröffnung der Neuen Synagoge von 1988 in der Jüdischen Gemeinde Darmstadt. Ziel dabei ist es in erster Linie, den Gästen das Gefühl zu vermitteln, dass sie in Darmstadt jederzeit willkommen sind. Gleichzeitig will die Stadt Darmstadt mit dem gemeinsamen Gedenken ein starkes Signal für eine nachhaltige Erinnerungskultur und internationalen Zusammenhalt über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus senden.

Zuletzt begrüßte die Stadt Darmstadt im November 2023 34 ehemalige jüdische Bürgerinnen und Bürger aus sechs verschiedenen Ländern. Neben der Jüdischen Gemeinde waren insbesondere die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, der Arbeitskreis Stolpersteine und die Darmstädter Geschichtswerkstatt wichtige Kooperationspartner bei der Veranstaltung.

Pressemitteilung der Stadt Darmstadt über den Besuch

Weiterhin bezieht die Wissenschaftsstadt Darmstadt, wie in vielen Bereichen, auch in der Erinnerungsarbeit ihre Partnerstädte aktiv mit ein. Vor dem Hintergrund, dass auch in Darmstadts Partnerstädten zahlreiche Jüdinnen und Juden der deutschen Besatzungsherrschaft während des Zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen sind, initiierten die Stadt Darmstadt und die Darmstädter Geschichtswerkstatt ein gemeinsames Erinnerungsprojekt: eine Gedenktafel sollte errichtet werden, um an die Vernichtung der jüdischen Gemeinden in den heutigen Partnerstädten Darmstadts zu erinnern. Auf Beschluss der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats wurde am 10. November 2019 in Verbindung mit dem Gedenken an die Reichspogromnacht im Jahr 1938 das Denkmal eingeweiht. An der feierlichen Enthüllung nahmen neben Darmstadts Oberbürgermeister und der Darmstädter Geschichtswerkstatt auch Vertreter der Partnerstädte Alkmaar (Niederlande) und Płock (Polen) teil. 

Die Gedenktafel, die seitdem im Erinnerungsort Liberale Synagoge betrachtet werden kann, ist ein weiteres starkes Symbol dafür, dass die Stadt Darmstadt ihre Erinnerungskultur über ihre Grenzen hinaus lebt. Gleichzeitig zeigt das gemeinsame Projekt, dass die Freundschaft zwischen Darmstadt und ihren Partnerstädten sie auch in der Erinnerung an die tragische Vergangenheit verbindet. 

Adresse

Amt für Gremiendienste, Protokoll und Internationales, Abteilung Internationales

Neues Rathaus (Carree)

Luisenplatz 5 a
64283 Darmstadt
ÖPNV Luisenplatz

Neues Rathaus (Carree)

Postfach 11 10 61
64225 Darmstadt