Ausstellung

Verräter oder Helden? – Fritz Bauer und der Prozess um den 20. Juli 1944

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt präsentiert in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Staatsarchiv und der Hessischen Universitäts- und Landesbibliothek eine bundesweite Wanderausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, die ein zentrales Kapitel unserer Demokratie-Geschichte beleuchtet. Unter dem Titel „Verräter oder Helden? – Fritz Bauer und der Prozess um den 20. Juli 1944“ erfahren Besucherinnen und Besucher, wie der Jurist Fritz Bauer den Weg für die volle Anerkennung und Rehabilitierung des Widerstands gegen das NS-Regime ebnete. Die Ausstellung ist ab Dienstag, 18. Februar bis zum Freitag, 21. März im Haus der Geschichte sowie in der Hessischen Universitäts- und Landesbibliothek zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Wider blinden Gehorsam: Von der Zivilcourage, ‚Nein‘ zu sagen

Die Ausstellung nimmt Sie mit auf eine Reise in die frühe Adenauer-Zeit, ins Jahr 1952 – vier Tage im März desselben Jahres, die Geschichte geschrieben haben. Erfahren Sie, wie Fritz Bauer, gerade aus dem Exil zurückgekehrt, als Braunschweiger Generalstaatsanwalt den Prozess gegen Otto Ernst Remer initiierte und damit entscheidende Weichen für die Anerkennung von Wilhelm Leuschners zivilem Widerstands-Netzwerk gegen die NS-Diktatur und für Aufarbeitung der NS-Verbrechen stellte. Remer, einst Kommandeur des Wachbataillons „Großdeutschland“ und später Mitbegründer und Anführer der rechtsextremen „Sozialistischen Reichspartei“, wurde in einem Prozess, der bundesweite und internationale Beachtung fand, wegen übler Nachrede und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener für schuldig befunden. Das Gerichtsverfahren schrieb Demokratie- und Rechtsgeschichte, weil es wesentlich zur Anerkennung des bis dahin weithin verleumdeten Umsturzversuchs der Freiheitskämpfer des 20.Juli 1944 beitrug, indem er klarlegte: „Ein Unrechtsstaat wie das Dritte Reich ist überhaupt nicht hochverratsfähig.“ Der Braunschweiger Remer-Prozess gilt heute als Meilenstein.

Eröffnung und Führung

Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz eröffnet die Ausstellung am Dienstag, 18. Februar 2025, um 18:00 Uhr im Haus der Geschichte (Eckart G. Franz-Saal). Direkt im Anschluss an die Eröffnung erwartet alle Interessierte eine doppelte Rundführung, der zunächst im Vestibül des Hauses der Geschichte beginnt und dann im ersten Stock der Hessischen Universitäts- und Landesbibliothek fortgesetzt wird. So haben Sie die Möglichkeit, an beiden Standorten die facettenreichen Exponate und Hintergründe des Braunschweiger Remer-Prozesses und seiner Wirkungsgeschichte und die Persönlichkeit Fritz Bauers zu entdecken. Erfahren Sie mehr über Fritz Bauer, den unerschrockenen Juristen, dessen Engagement für Gerechtigkeit, Zivilcourage und Humanität gerade heute ein Vorbild ist. Sein Vermächtnis erinnert uns daran: Demokratie lebt von der Bereitschaft, die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, erfordert hellwache Demokratinnen und Demokraten und den Mut, „Nein“ zu sagen.

Besuch und weitere Informationen

Die Ausstellung ist kostenfrei ab dem 18. Februar bis zum Freitag 21. März 2025 an zwei Standorten in Darmstadt zu sehen:

  • Haus der Geschichte: Karolinenplatz 3, geöffnet von Montag bis Freitag, 9:00 – 17:30 Uhr.
  • Hessische Universitäts- und Landesbibliothek: Magdalenenstr. 8 (ULB Stadtmitte), geöffnet täglich von 8:00 – 1:00 Uhr.

„Demokratie braucht Menschen, die sie leben“ oder: Wer war Fritz Bauer?

Fritz Bauer wurde 1903 in Stuttgart geboren und war ein promovierter Jurist aus einer deutsch-jüdischen Familie. In den 1920er Jahren trat er der SPD und dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold bei und wurde Vorsitzender der Ortsgruppe in Stuttgart. Nach der Machtübertragung an die Nazis durch Hindenburg kam er in Zwangsarbeitslager, konnte jedoch – gewaltsam aus seiner deutschen Heimat vertrieben - 1936 nach Dänemark und 1943 ins schwedische Exil fliehen. Dort gründete er mit Willy Brandt die Zeitschrift „Sozialistische Tribüne“ und setzte sich in einem vielbeachteten Buch früh gegen die Straflosigkeit von NS-Tätern ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Bauer 1949 nach Westdeutschland zurück und wurde Generalstaatsanwalt in Braunschweig und später, von 1956 an, in Hessen. Er kämpfte zeitlebens gegen Morddrohungen und massive Anfeindungen, sah sich als Vorkämpfer von Demokratie, Humanität und Erinnerungskultur. Bauer spielte eine maßgebliche Rolle bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der NS-Verbrechen und war Motor der Frankfurter Auschwitz-Prozesse (1963-1965). Zudem gab er dem Mossad den entscheidenden Hinweis auf den Aufenthaltsort des NS-Täters Adolf Eichmann, einer Schlüsselfigur des deutschen Völkermords an Europas Jüdinnen und Juden, der 1961 wegen seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verantwortung für die Deportationen in die Vernichtungslager in Israel hingerichtet wurde. Fritz Bauer starb unter ungeklärten Umständen 1968. Bauers Credo: „Demokratie braucht Menschen, die sie leben.“

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