Der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat in seiner Sitzung am Mittwoch (19.) den Bericht zum erfolgreichen Abschluss des Modellprojekts Begrünung Citytunnel zur Kenntnis genommen.
Ziel des Modellprojekts zu Vertikalbegrünung und Titandioxidbeschichtung im Citytunnel war es, für vertikale Begrünungsmaßnahmen an eher schwierigen Standorten zu werben und vor dem Hintergrund der seit Juni 2019 in Abschnitten der Hügel- und der Heinrichstraße für ältere Diesel- und Benzinerfahrzeuge geltenden Verkehrsbeschränkungen die Auswirkung auf die Schadstoffbelastung im Citytunnel zu untersuchen. Diese Verkehrsbeschränkungen gehen auf den sogenannten „Diesel-Vergleich“ zurück, welcher im Dezember 2018 als außergerichtlicher Vergleich zwischen dem für Luftreinhalteplanung zuständigen Hessischen Umweltministerium und Umweltorganisationen geschlossen wurde und für die Wissenschaftsstadt Darmstadt bindend ist.
Installiert wurde die Begrünung im November 2020. Die am Tunneleingang West (von der Rheinstraße kommend) installierten Moose wurden aufgrund ihrer luftschadstoffbindenden Wirkung gewählt, die beschichteten Platten aufgrund des photokatalytischen Effekts, der unter Einfluss der Beleuchtung Luftschadstoffe wie Stickoxide in Nitrat umwandelt. Die Pflanzsysteme und Moosflächen wurden durch ein integriertes Bewässerungssystem automatisch versorgt und eine LED-Beleuchtung mit passendem Farbspektrum sorgte für das Pflanzenwachstum notwendige Licht.
Um die Effekte der Begrünung auf die Luftschadstoffe festzustellen, wurde das Projekt nach der Umsetzung für ein Jahr wissenschaftlich im Rahmen einer Doktorarbeit begleitet. Hierzu wurden unter anderem Luftschadstoffmessungen im Begrünungs- und im nachfolgenden Tunnelbereich durchgeführt und ausgewertet. Hierbei wurde über einen längeren Zeitraum die Differenz verschiedener Parameter betrachtet.
Bei der Betrachtung von PM10 (Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer) wurde vor der Begrünung eine reduzierte Konzentration um etwa 31,9 Prozent festgestellt, im Vergleich zur Messung im weiteren Tunnelbereich abseits der Begrünung. Bei der Fraktion PM2,5 (Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer) wurde eine durchschnittliche Differenz von 23,2 Prozent festgestellt. Bei der Messung von Stickstoffdioxid konnte festgestellt werden, dass im Jahresdurchschnitt die Konzentration im Bereich der Tunnelbegrünung rund 19 Prozent niedriger als im weiteren Tunnelbereich lag. Damit wurde ein messtechnischer Nachweis zur Reduzierung von Luftschadstoffen durch die Begrünung erbracht.
Bei der Messung von Luftschadstoffen bestehen im urbanen Raum allerdings viele Einflussparameter. Daher und infolge der räumlichen Distanz zu dem Passivsammler für Stickstoffdioxid am Tunnelausgang in der Hügelstraße, lassen sich schwer Aussagen ableiten über den Einfluss der Begrünung auf die dortigen Messwerte. Der in den letzten Jahren verzeichnete, stetige Rückgang der Stickoxidmesswerte am Tunnelausgang und die Einhaltung des Grenzwertes ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Rückgang der Verkehrsmenge dort, das Verbot der Durchfahrt durch den Citytunnel und in der Hügelstraße für ältere Diesel- und Benzinerfahrzeuge und die stetigen Kontrollen der Stadtpolizei zurückzuführen.
Im Zusammenhang mit den Arbeiten, die zur Ertüchtigung des Citytunnels seit mehreren Monaten durchgeführt werden, muss die installierte Begrünung aufgrund der Verschärfung gesetzlicher Brandschutzanforderungen abgebaut werden. Der Abbau erfolgt am Sonntag, 23. Juni.
„Wir nehmen das Thema Luftreinhaltung sehr ernst. Daher haben wir mit der Begrünung im Citytunnel auch eine freiwillige Maßnahme umgesetzt, die über die im Dezember 2018 als außergerichtlicher Vergleich für die Stadt Darmstadt festgeschriebenen und bindenden Maßnahmen hinausgeht. Ebenso ernst müssen wir aber auch die Funktion des Citytunnels als zentrale Verkehrsachse in der Innenstadt nehmen, daher ist die Demontage die richtige Konsequenz. Eine negative Auswirkung auf die Messwerte in der Hügelstraße erwarte ich nicht. Wir werden die Werte aber selbstverständlich weiterhin engmaschig kontrollieren“, so der für Luftreinhaltung zuständige Umweltdezernent Michael Kolmer.
Um die Abbauarbeiten möglichst gefahrenfrei und ohne Einfluss auf den Verkehr im Citytunnel durchzuführen, werden diese im Rahmen der regelmäßigen Tunnelwäsche am 23. Juni durchgeführt. Im Nachgang wird das zuständige Umweltamt prüfen, ob die vertikale Begrünung zum Beispiel an städtischen Liegenschaften wieder aufgebaut werden kann.