Anlässlich des Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, der sich am 27. Januar 2025 zum achtzigsten Mal jährt, erinnert Oberbürgermeister Hanno Benz an Darmstädter jüdischen Glaubens und Sinti, die den Deportationen und dem Völkermord der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.
„Der weltweit begangene Holocaust-Gedenktag ruft das von den Nationalsozialisten begangene Grauen und das von ihnen verursachte, millionenfache Leid in Erinnerung. Gerade in einer Zeit, in der längst überwunden geglaubte antisemitische und ausländerfeindliche Positionen in Deutschland aber auch weltweit wieder Zuspruch und Zulauf finden, muss die Bedeutung des Ausrufes ‚Nie wieder‘ hervorgehoben werden. Um den Shoah-Überlebenden und Nobelpreisträger Elie Wiesel zu zitieren: ‚Darüber zu sprechen ist unmöglich, darüber zu schweigen verboten‘“, so Oberbürgermeister Hanno Benz.
Von Darmstadt aus wurden während der NS-Diktatur über 3.400 Männer, Frauen und Kinder jüdischen Glaubens in deutsche Vernichtungslager verschleppt, allen voran nach Auschwitz-Birkenau, aber auch nach Belzec, Majdanek, Treblinka, Sobibor und Piaski, und dort ermordet. Unter ihnen waren Persönlichkeiten wie Marie Trier (1895-1942), die in Darmstadt einen bekannten Literatur- und Künstlersalon betrieb, der Kustos des Hessischen Landesmuseums, der Kunsthistoriker Dr. Karl Freund (1882-1943) und der frühere Innenminister des Volksstaats Hessen, Heinrich Fulda (1860-1943).
Oberbürgermeister Benz erinnert aber auch an Darmstädter Personen wie den Wehrmachtsmajor Karl Plagge, der in Wilna mehrere hundert Jüdinnen und Juden rettete, und an den nach dem Zweiten Weltkrieg nach Darmstadt gezogenen Otto Busse, der in Bialystok das Gleiche tat. Beide wurden in Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.
Die offizielle Gedenkveranstaltung der Wissenschaftsstadt Darmstadt findet am Montag, 27. Januar, um 11 Uhr in der Centralstation in Kooperation mit der Darmstädter Justus-Liebig-Schule, deren eigene Geschichte mit den Deportationen aus Darmstadt verknüpft ist, und dem Staatstheater Darmstadt, das für die musikalische Umrahmung sorgt, statt. Einlass ist ab 10:30 Uhr. Beim Einlass werden aus Sicherheitsgründen Taschenkontrollen durchgeführt.
Schülerinnen und Schüler der Justus-Liebig-Schule gestalten Projektbeiträge, die sich auf die Rolle des Schulgebäudes in der NS-Zeit beziehen, das von den Nationalsozialisten als Sammel- und „Durchgangs“-Zwangslager für die deutsch-jüdischen Deportationsopfer aus dem Volksstaat Hessen genutzt wurde. Im Blickpunkt steht auch das LIO-Schulprojekt „Geschichtensammler“, unter anderem mit Zeit- und Zweitzeugengesprächen.
Am Abend wird Oberbürgermeister Hanno Benz außerdem auf der Kundgebung „Nie wieder ist jetzt. Gemeinsam gegen Antisemitismus und Israelhass“ sprechen. Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr auf dem Luisenplatz und wird organisiert von der Initiative „Nie wieder ist jetzt – Darmstadt“ in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Darmstadt der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.
Der Förderverein Liberale Synagoge Darmstadt e.V. veranstaltet außerdem den Rundgang „Auf den Spuren der Darmstädter Auschwitz-Opfer jüdischen Glaubens“ (am Beispiel von Marie Trier, Heinrich Fulda, Karl Freund, 14.30 Uhr, Treffpunkt Gedenkstätte Liberale Synagoge, Klinikumsgelände, Zugang via Bleich-/Höhe Gagernstraße). Die Teilnahme ist kostenfrei.
Der SV Darmstadt 98 wird am Montagabend einen Gedenkspaziergang veranstalten. Dieser startet um 17.15 Uhr am Schlossgartenplatz, dem Gründungsort des SV 98. Der Weg führt weiter durch die Ernst-Ludwig-Straße, die Holzstraße, am Jugendstilbad vorbei, dann die Hoch- sowie die Annastraße entlang zum Endpunkt auf den Dr.-Karl-Heß-Platz am Merck-Stadion am Böllenfalltor. Der Gedenkspaziergang macht auf seiner Route Halt an verschiedenen Stolpersteinen, an denen an 98er, die in der NS-Zeit verfolgt wurden, erinnert wird. Auf dem Dr.-Karl-Heß-Platz wird gegen 19.15 Uhr eine Kranzniederlegung samt verschiedener Redebeiträge, darunter ein Beitrag von Oberbürgermeister Hanno Benz, stattfinden.
Mit der Uraufführung des Liederzyklus „Letters to Fred“ von Bracha Bdil am Sonntag, 26. Januar, 19 Uhr, im Staatstheater Darmstadt wird an die Ermordeten und die Geretteten der Familie von Fred Herzberg erinnert. „Die Werke von Gideon Klein, Dmitri Schostakowitsch und Morton Feldman umkreisen mit den Mitteln der Musik die brennenden Fragen, die das Gedenken für das eigene Menschsein in Gegenwart und Zukunft stellen“, so Intendant Karsten Wiegand.
Seit 1996 ist der 27. Januar auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog offizieller Holocaust-Gedenktag in Deutschland, seit 2005 wird der Holocaust-Gedenktag auf Initiative des damaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan weltweit begangen.