Dieser Bericht wurde im Mai erstellt und die Lage und Fallzahlen bezüglich der Covid-19-Pandemie haben sich in der beschriebenen Stadt oder dem Land möglicherweise verändert. Daher ist der folgende Artikel nur als Momentaufnahme zu betrachten.
In Logroño bedanken sich nicht nur die Stadt, sondern auch die Einwohnerinnen und Einwohner. Jeden Tag um 20 Uhr kommen die Menschen auf den Balkon, um zu applaudieren, Musik zu spielen oder zu tanzen. In manchen Gegenden halten sie auf den Balkonen Transparente, Fahnen oder Zeichnungen und Botschaften hoch, wenn die Polizeiautos, Krankenwagen und der Katastrophenschutz mit Sirenen und Blinklicht durch die Straßen fahren.
Die touristische und lebensfrohe spanische Region La Rioja mit ihrer Regionalhauptstadt Logroño beklagt wegen des Coronavirus 4.014 Infizierte und 348 Todesopfer. Am schlimmsten erleben die Menschen dort die Häufung von Infizierten und Toten in den Altenheimen. „Diese Einrichtungen sind wie eine tödliche Falle: Fast die Hälfte der Sterbefälle wird von dort gemeldet, weil das Virus ältere Menschen mit Risikofaktoren wie Asthma oder Atemwegserkrankungen besonders hart trifft,“ sagt José María Notivoli, ein Bewohner und Mitarbeiter der Stadt in einem sehr persönlichen Interview.
Und er spricht für viele der über 150 000 Einwohnerinnen und Einwohner Logroños über die insgesamt große emotionale Herausforderung für eine Gesellschaft wie die spanische, in der es normal sei, sich zur Begrüßung zu umarmen, Küsschen zu geben und Hände zu schütteln. Die neue Norm soll jetzt dagegen Isolation und Distanzierung sein, alles fremd und befremdlich.
Leere Straßen und die für sie als bedrückend empfundene Ruhe gehören für die Menschen in Logroño ebenso wenig zum Stadtbild wie die fehlenden Pilger, die Mitte März schon in ihre Heimatorte zurückkehren mussten. Das bunte Kulturleben der Karwoche mit dem Patronatsfest, ein Fest, das in Logroño von nationalem touristischem Interesse ist, musste abgesagt werden.
Der Weg zurück in den Arbeitsmarkt
Ganz besonders besorgt sind die Menschen wegen der vielen Personen, die aufgrund des Lockdowns ihre Arbeit verloren haben. Sie gehen davon aus, dass es schwierig sein wird, nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes wieder zur Normalität zurückzukehren. Wegen finanzieller Verluste wird ein Teil der geschlossenen Geschäfte und Betriebe nicht mehr aus eigener Kraft öffnen können. So scheint für viele die Zukunft ungewiss zu sein. José María Notivoli wagt eine Prognose: „In einem Land, in dem Menschen „von Tag zu Tag“ leben, werden viele nicht mehr in den Arbeitsmarkt zurückfinden oder zumindest nicht zu denselben Bedingungen.“
Doch lassen sich die Menschen in Logroño ihre fröhliche und positive Lebenseinstellung vom Coronavirus nicht ganz nehmen. Es gibt auch positive Meldungen und Zeichen großer Solidarität untereinander: Hochzeiten auf dem Balkon, Bilder von Kindern für kranke Menschen, gespendetes Essen von Bauern für Bedürftige. Schuhhersteller, Textilfirmen oder Automobil-Zulieferer stellen ihre Produktion auf Schutzanzüge, Masken oder Teile für Beatmungsgeräte um.
Auf der Webseite „Ayuntamiento de Logroño“ hat die Stadt den vielen lokalen Hilfsaktionen einen Rahmen gegeben und eine Hotline eingerichtet, bei der sich Menschen melden können, wenn sie jemanden in Not kennen. Für all das, was die Bevölkerung in der Krisenzeit geleistet hat, fürs Zuhausebleiben, die Übernahme von Verantwortung, Solidarität und den Gemeinschaftssinn spricht die Stadt Logroño ihren Einwohnerinnen und Einwohnern in einem höchst emotionalen Video auf www.logroño.es ein bewegendes „Gracias Logroño“ aus.
Neues nachhaltiges Verkehrskonzept
Wie überall in Spanien geht die Zahl der Todesfälle inzwischen zurück und es gibt immer mehr Lockerungen im Lockdown. Es werden mehr Aktivitäten wieder erlaubt, und auch die Stadt darf wieder verlassen werden. Auf die neue Bewegungsfreiheit reagiert die Stadt mit einem neuen Mobilitätskonzept in Folge der Corona-Pandemie – und wird dadurch gleichzeitig nachhaltiger.
In der jüngsten Ausgabe der Zeitung der Stadtverwaltung stellt der Bürgermeister von Logroño Pablo Hermoso de Mendoza sein neues Konzept vor: Straßen, Plätze und Parkflächen sollen umgestaltet werden, damit die neuen Abstandsregelungen eingehalten werden können und Platz für nachhaltige Fortbewegung geschaffen wird. Davon sollen auch Restaurants und Geschäfte profitieren, für die der Fußgängerverkehr sehr wichtig ist.
Das bedeutet ganz konkret: Einige Straßen werden für Autos gesperrt und in verkehrsberuhigte Bereiche umgewandelt für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Fahrspuren werden reduziert und Einbahnstraßenregelungen eingeführt. Die Anzahl der Fahrradwege wird erhöht, Parkplätze am Straßenrand werden reduziert oder zum Flanieren freigegeben. Alle Maßnahmen zur Neuausrichtung des öffentlichen Raums dienen letztendlich dazu, die Stadt freundlicher für Mensch und Umwelt zu machen.