Anlässlich des 140. Geburtstages der am 7. (andere Quellen nennen den 17.) Januar 1885 in Bessungen geborenen und der 1942 von den Nationalsozialisten ermordeten Herta Mansbacher würdigt die Wissenschaftsstadt Darmstadt deren Leben und Wirken.
Herta Mansbacher kam in Bessungen zur Welt und stammte aus einer gutbürgerlichen deutsch-jüdischen Familie. Ihr Vater betrieb Fellhandel in der Karlstraße. Sie war Schülerin der Darmstädter Viktoriaschule und wurde später Lehrerin im rheinhessischen Worms, das damals Teil des Volksstaats Hessen war. Von den Nationalsozialisten verfolgt und entrechtet verlor sie ihre Stelle. Daraufhin arbeitete sie als Lehrerin der Jüdischen Schule in Worms, wo sie ihre Schülerinnen und Schüler auf eine Flucht und ein erzwungenes Exil vorbereitete.
In den Tagen des Novemberpogroms von 1938 rettete Herta Mansbacher aus der von der SA in Brand gesetzten Wormser Synagoge wertvolle Thorarollen, silberne Kultgegenstände und den wertvollen Wormser Machsor, eine mittelalterliche Handschrift in Form zweier Gebetsbücher mit Zeichnungen.
1936 wurde sie Direktorin ihrer Schule, verstand sich als Schutzpatronin der ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler. Fremdsprachenkenntnisse und handwerkliche Fertigkeiten, die nach der Flucht von Nutzen sein könnten, standen im Zentrum ihrer Schülerausbildung. Als die Jüdische Schule in Worms 1940/41 zwangsweise geschlossen wurde, stellte sie ihre eigenen Fluchtpläne nach Ägypten zugunsten ihrer Schülerinnen und Schüler zurück.
Bis zu ihrer eigenen Deportation führte Herta Mansbacher minutiös zudem eine „Liste der Auswanderer“, in der sie alle ihr zugänglichen Daten sammelte, und avancierte damit zur heimlichen Chronistin des Exodus und Untergangs der 900-jährigen jüdischen Wormser Gemeinde. Ihr „Auswandererbuch“, das das Schicksal der Deportierten und Exilanten festhielt, ist ein unschätzbarer Beitrag gegen das Vergessen.
Am 19. März 1942 wurde Herta Mansbacher mit 75 anderen Juden, darunter acht ihrer Schüler, von der Justus-Liebig-Schule, die den Nationalsozialisten als Deportationssammelort diente, nach Piaski verschleppt. „Abgereist ohne Angabe des Reiseziels“, lautete der lapidare Vermerk im Wormser Polizeiregister. Von dort kam sie in das NS-Vernichtungslager Belzec, wo sie 1942 ermordet wurde.
Oberbürgermeister Hanno Benz: „Herta Mansbacher hat in einer Zeit der Rechtlosigkeit, der Willkür, Verfolgung und Unterdrückung Mut und Menschlichkeit bewiesen.“
An Herta Mansbacher erinnert in Worms ein Stolperstein und die Herta-Mansbacher-Anlage; in Darmstadt gibt es seit dem 22. Januar 1999 die Herta Mansbacher-Bibliothek in der Viktoriaschule. Die vom Geschichtslehrer Heinz Weber ins Leben gerufene und aufgebaute Sammlung steht interessierten Bürgerinnen und Bürgern auf Anfrage offen und beherbergt zahlreiche Werke über den Holocaust, die NS-Verbrechen und über Jüdische Geschichte. Seit 2001 gibt es zudem eine Herta-Mansbacher-Straße im Stadtteil Kranichstein.