Geschichte der Stadtbibliothek

Von der Volksbibliothek zur Stadtbibliothek

1897 eröffnete der Volksbildungsverein Darmstadt eine Volksbibliothek, die 1901 von der Stadt übernommen wurde. 1964 erfolgte nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg und verschiedenen Provisorien der Einzug der Hauptstelle in das Justus-Liebig-Haus. Im November 1994 wurde die Stadtbibliothek durch einen Erweiterungsbau um zwei Drittel der Publikumsfläche vergrößert.

Am 1. Februar 1879 eröffnet der Darmstädter Volksbildungsverein in der Kleinen Ochsengasse 12 eine “Volksbibliothek verbunden mit Lesezimmer”. Die Anfänger sind bescheiden. Die Bibliothek beginnt mit einem Bestand von etwa 500 Büchern, zusammengesetzt aus Käufen und Schenkungen. Die Buchausgabe findet zunächst jeden Samstag Abend zwischen 18 und 20 Uhr statt. Im angrenzenden Lesezimmer, das täglich geöffnet hat, liegen Zeitungen und Zeitschriften aus.
Die Benutzung der Bibliothek nimmt zunächst eine erfreuliche Entwicklung. Im Jahr 1881 verzeichnet sie schon einen Buchbestand von 1.124 Bänden. Das Lesezimmer ist vor allem bei jungen Leuten beliebt. 

1897 beschließt der Volksbildungsverein, zusammen mit dem Bezirkslehrerverein, eine neue und größere Bibliothek ins Leben zu rufen. Die Öffentliche Lese- und Bücherhalle eröffnet am 6. März 1897 in zwei Räumen in der Louisenstraße 20. Der Anfangsbestand beträgt etwa 1500 Bücher, in der Lesehalle stehen den Darmstädtern 29 Zeitungen, 44 Zeitschriften und eine Handbibliothek von etwa 400 Bänden zur Verfügung. Leiter der neuen Bücherei wird Karl Noack.

Der Andrang auf die neue Bücherei ist so groß, dass die Ausleihe reglementiert wird. Jeder Leser darf nur einmal wöchentlich Bücher ausleihen. Doch bald wird klar, dass eine Bibliothek dieser Größenordnung nicht mehr auf Vereinsbasis betrieben werden kann.

Am 1. April 1901 übernimmt der Magistrat der Stadt Darmstadt die Öffentliche Lese- und Bücherhalle. Die Lese- und Bücherhalle wird um zwei Räume erweitert und erhält einen festen Etat, der die Anschaffung von etwa 2000 Büchern pro Jahr erlaubt. 

1912 wird die Bücherhalle um eine Blindenbibliothek erweitert. Etwa 200 Bände in Braille-Schrift können entliehen werden. 

Da eine räumliche Erweiterung notwendig geworden ist - der Bestand ist auf 28.000 Bände angewachsen - erfolgt der Umzug der Lese- und Bücherhalle 1914 in ein städtisches Haus in der Grafenstraße 30. 

Am 1. Juni 1924 geht der bisherige Stadtbibliothekar Karl Noack in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird der Mainzer Stadtbibliothekar Dr. Adolf Waas. Unter seiner Leitung erfolgt eine Neuordnung der Stadtbücherei. So soll an eine gleiche Leserzahl eine geringere Zahl von Büchern ausgegeben werden, um einer “ungesunden Vielleserei Einzelner entgegen treten zu können.”

Im August 1924 erfolgt der Umzug in die Pädagogstraße 1. Dieser Umzug bringt eine weitere Namensänderung mit sich: aus der Öffentlichen Lese- und Bücherhalle wird die Stadtbücherei. Der Bestand umfasst inzwischen 28.000 Bände.

Am 1. April 1927 wird Dr. Ewald Roellenbleck neuer Leiter der Stadtbücherei.

Die Zeit des Nationalsozialismus hat ihre Auswirkungen auch auf die Stadtbücherei. Dr. Adolf Müller, seit Mai 1933 NSDAP-Mitglied, Archivar des Darmstädter Stadtarchivs und Leiter des Stadtmuseums, übernimmt 1933 auch die Leitung der Stadtbücherei.  Der Kampf gegen den “undeutschen Geist” wird auch in Darmstadt mit “Säuberungsaktionen” und in Form von Bücherverbrennungen geführt. Am Abend des 21. Juni veranstaltet die Darmstädter Studentenschaft einen Fackelzug. Während der Kundgebung wird eine Lastwagenladung “undeutscher” Bücher verbrannt.

1937 wird die Schalterbibliothek zur Thekenbibliothek umgebaut, 1940 wird in der Gutenbergschule in Eberstadt eine Zweigstelle der Stadtbücherei eröffnet. 

In der Nacht vom 11./12. September 1944 erfolgt der stärkste Luftangriff auf Darmstadt, der als Brandnacht in die Geschichte Darmstadts eingeht. Auch die Stadtbücherei wird ein Opfer der Flammen und mit ihr ein Buchbestand von 25.000 Bänden. Nur ein Teil der entliehenen Bücher und der Bestand der Zweigstelle Eberstadt bleiben verschont. 

Am 18. Dezember 1945 wird in einem Raum der Goetheschule in der Viktoriastraße 31 die Bücherei mit 1.200 Bänden behelfsmäßig neu eröffnet, zunächst nur einmal wöchentlich. Dr. Wolfgang Steinecke wird zum Leiter der Bücherei ernannt.

1949 ist der Buchbestand auf 7.000 Bände angewachsen. Die größte Nachfrage besteht nach “anspruchsloser Unterhaltungsliteratur”.  Ein Jahr später wird Gertrud Gleisberg Leiterin der Stadtbücherei, bei der sie seit 1938 beschäftigt ist. Vor allem ihrem persönlichen Einsatz ist die Neueröffnung der Bücherei zu verdanken, da sie nach Kriegsende bei verschiedenen Verlagen Bücher für einen Neuanfang erbettelt.

In der Goetheschule kann 1951 erstmals ein kleiner Bestand von Kinder- und Jugendbüchern frei Hand präsentiert werden. 1952 wird in Eberstadt in der Oberstraße 7 eine Zweigstelle der Stadtbücherei als Freihandbücherei wiedereröffnet, die 1939 in der Gutenbergschule in Eberstadt gegründet wurde. 

Die Eröffnung der Zweigstelle Arheilgen findet am 9. Juni 1953 im ersten Stock der Bezirksverwaltung in der Messeler Straße 20 statt. Zwei Jahre später wird in der Heimstättensiedlung, im Heimstättenweg 99, ebenfalls eine Zweigstelle der Stadtbücherei eröffnet. 

Die Hauptstelle ist nach wie vor in drei Räumen der Goetheschule untergebracht, der Buchbestand kann wegen Einsturzgefahr nicht wesentlich vergrößert werden. Die Notwendigkeit eines Neubaus wird immer dringlicher. Ende des Jahres 1958 wird mit den Vorbereitungen zum Bau eines Volksbildungsheims begonnen, in dem die Stadtbücherei zusammen mit der Volkshochschule endlich ein angemessenes Zuhause finden soll.

Ab dem 26. Januar 1961 steht auch den Bürgern in Bessungen eine Zweigstelle in der Bessunger Straße 48 zur Verfügung.

Anfang des Jahres 1964 zieht die Hauptstelle der Stadtbücherei aus dem Provisorium der Goetheschule in den Neubau des Justus-Liebig-Hauses (Volksbildungsheim) um. Hier kann der Gesamtbestand von rund 62.000 Medien endlich in Freihandaufstellung präsentiert werden. Mit dem Umzug ist eine Erweiterung der Öffnungszeiten verbunden. Auf Antrag der Süddeutschen Büchereischule in Stuttgart wird die Darmstädter Stadtbücherei in die Reihe der Ausbildungsbüchereien aufgenommen.  

Am 20. Juni 1975 wird die Fahrbücherei in Betrieb genommen. Die Zweigstelle Heimstättensiedlung wird aufgelöst. Zusammen mit anderen abgelegeneren Stadtteilen wird sie jetzt durch die “rollende Zweigstelle” versorgt. Die Gründung des Bücherbusses ist vor allem einer großzügigen Erbschaft zu verdanken, die der aus Darmstadt stammende Amerikaner Henry August Harms der Stadt vermachte.

1977 geht Gertrud Gleisberg nach fast 40jähriger Tätigkeit für die Stadtbücherei Darmstadt in den Ruhestand. Ihr Nachfolge tritt Dr. Helga Kayser an.

Nach nur vierzehn Jahren im neuen Gebäude ist der Raum für die Bibliothek mit 400 m² bereits zu eng. Die Stadtbücherei wird in Stadtbibliothek umbenannt.

Im Januar 1980 startet die Stadtbibliothek Darmstadt  mit dem Ausleihe-Modul HEBIS-Leih in das EDV-Zeitalter. Damit hat Darmstadt, nach Frankfurt und Bensheim, die dritte Öffentliche Bibliothek in Hessen mit EDV-System.

Stadtrat Peter Benz weiht am 11. Januar 1980 die neuen Räume der Stadtteilbibliothek Arheilgen in der Unteren Mühlstraße 10 ein. 

1987 zieht die Stadtteilbibliothek Eberstadt in die renovierte alte Gerberei an der Modau. 

Im August 1988 erfolgt der Umstieg der Hauptstelle und der Zweigstellen auf das autonome integrierte EDV-System Datalibris der Firma Datapoint.

1992 zieht die Stadtteilbibliothek Bessungen aus den engen Räumen des Sparkassengebäudes in den 250 m² großen Neubau in der Bessunger Str. 3-5. Gleichzeitig laufen die Planungen für einen Erweiterungsbau der Hauptstelle auf Hochtouren. Am 2. November findet der erste Spatenstich statt. Die langjährige Leiterin Dr. Helga Kayser verlässt die Stadtbibliothek, um die Leitung der Stadtbücherei Kiel zu übernehmen. 

Am 1. März 1993 tritt die neue Direktorin Brigitte Nauhaus-Hofschen ihren Dienst an. Das Jahr steht ganz im Zeichen des Erweiterungsbaus. Die Räume der Kinder- und Jugendbibliothek, der Erwachsenenabteilung sowie 50 Prozent der Büros müssen geräumt werden. Ein Teil des Bestandes kann für eine Übergangszeit im Saal des Justus-Liebig-Hauses aufgestellt werden, der Rest wird verpackt und eingelagert.

Nach zweijähriger Bauzeit wird am 29. Oktober 1994 der Erweiterungsbau der Stadtbibliothek im Justus-Liebig-Haus eröffnet.  Auf nun 2.500 m² stehen den Darmstädterinnen und Darmstädtern rund 137.000 Medien zur Verfügung. 

Im April 1998 erfolgt der Umstieg des gesamten Bibliothekssystems auf das windowsbasierte, integrierte EDV-System "BibliothecaWin" der Fa. B.O.N.D. (später weiter entwickelt zu "Bibliotheca2000"). Im Oktober hält das Internet-Zeitalter Einzug in die Stadtbibliothek mit dem ersten internen Internetzugang. 

Der Datenbestand der Hauptstelle ist ab Januar 2000 erstmals im Internet nachgewiesen, als offline-Version im Rahmen des “Darmstädter Virtuellen Katalogs”. Im Juni präsentiert sich die Stadtbibliothek mit einer eigenen Homepage im Internet.

Die positive Ausleihentwicklung hält an - im Jahr 2000 wird mit 1.034.000 Ausleihen im Gesamtsystem erstmals die Millionengrenze überschritten. Die "fleißigsten Leseratten" leihen pro Jahr mehr als 1.000 Medien aus.

Aus Mitteln des Bundesprojektes "Medienkompetenzzentren in Büchereien" kann die Stadtbibliothek im Juni 2001 fünf öffentliche Internetplätze anbieten. Ab Herbst 2002 gibt es auch an allen internen PC-Arbeitsplätzen Internetzugang: das Internet wird integrierter Bestandteil der Informationsvermittlung durch die Bibliothek und internes Arbeitsmittel.

In der Erich-Kästner-Schule in Kranichstein eröffnet am 9. Mai 2003 eine weitere Stadtteilbibliothek. Die Fahrbibliothek ändert ihren Halteplan und verlegt ihre Kranichsteiner Haltepunkte in andere Stadtteile. 

Seit dem 1. September 2003 ist der ganze Medienbestand der Stadtbibliothek online. Die Leserinnen und Leser können  jederzeit über den Web-OPAC im Gesamtbestand der Stadtbibliothek recherchieren, ihr Medienkonto einsehen, die Ausleihfristen verlängern und entliehene Medien vorbestellen.

Im Juni 2004 feiert die Stadtbibliothek Darmstadt ihr 125-jähriges Bestehen. Unter dem Motto “Darmstadt liest - 125 Jahre Stadtbibliothek”  findet im Justus-Liebig-Haus eine Festwoche statt.

Im Dezember 2004 erhält die Stadtbibliothek den “Hessischen Bibliothekspreis 2004”. Der Preis wird jährlich vom Landesverband Hessen vergeben, die Stadtbibliothek Darmstadt erhält den Preis “für ihr Gesamtkonzept, das insbesondere eine Stärkung der dezentralen Einrichtungen in den Stadtteilen beinhaltet”.

Am 1. Dezember 2008 startet die Stadtbibliothek Darmstadt als erste hessische Bibliothek mit der e_Ausleihe. In der “virtuellen Zweigstelle” können die Leserinnen und Leser von zu Hause aus rund um die Uhr Medien downloaden. 

2013 werden, gegen den Widerstand vieler Bürgerinnen und Bürger, die Stadtteilbibliotheken in  Arheilgen und Bessungen geschlossen. Der Bücherbus übernimmt mit neuen Haltepunkten die Literaturversorgung der beiden Stadtteile.

2015 fährt der alte Bus, der seit 1975 im Einsatz ist, seine Abschiedsrunde und wird am 14. April durch einen neuen, modernen Bücherbus abgelöst.

125 Jahre Stadtbibliothek Darmstadt

Von der Schalterbibliothek zum Web-OPAC - die Geschichte der Stadtbibliothek im Wandel der Zeit.
Ausstellungstafeln (PDF) anlässlich des 125jährigen Jubiläums der Stadtbibliothek im Sommer 2004: