Anlässlich des 150. Geburtstags von Eduard Wolfskehl (1874-1943) am 20. August würdigt Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz den ehemaligen Darmstädter Regierungsbaumeister, Bauingenieur und Schriftsteller als „Weichensteller mit strategischem Weitblick für unsere Stadt“. So sei Wolfskehl der Erbauer der heute noch genutzten technischen Anlagen des Darmstädter Hauptbahnhofs gewesen, der 1912 eingeweiht worden war. Damit habe dieser in Sachen Verkehrs- und Stadtentwicklung einen „wertvollen und bleibenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Stadt geliefert, von dem wir bis heute profitieren“, so Benz.
Sein Lebensweg zeige beispielhaft, wohin Judenhass und rechtsextreme Herrenmenschen-Ideologie führten, nämlich geradewegs in die Barbarei, so der OB. Deswegen lehre das Beispiel Eduard Wolfskehls, „welch großer Verlust die Zerstörung Jüdischen Lebens und Jüdischer Kultur für unsere Stadt bedeutete.“ Und dass es darauf ankommt, dass sich „Judenhass und Gewalt nie wieder bahnbrechen, jetzt nicht und in Zukunft nicht.“
Eduard Ludwig Wolfskehl stammte aus einer angesehenen deutsch-jüdischen Honoratiorenfamilie. Er war Sohn Otto Wolfskehls, der zu Lebzeiten – neben Heinrich Blumenthal und Rabbi Julius Landsberger – in der Kaiserreichszeit zu den drei Lichtgestalten des liberalen Darmstädter Reformjudentums gehörte, Stadtverordneter und Landtagspolitiker war, und von dessen Ehefrau Paula Simon. Eduard Wolfskehl kam am 20. August 1874, vor genau 150 Jahren, in Darmstadt zur Welt. Sein älterer Bruder war der später weltberühmte, hochangesehene deutsche Dichter Karl Wolfskehl. Seine Mutter Paula Wolfskehl erkrankte schwer an Schwindsucht, der sie 1876 erlag. Da war Eduard gerade mal zwei Jahre alt. 1878 ging sein Vater Otto Wolfskehl eine zweite Ehe mit der christlichen Darmstädter Pianistin Lilli Schulz ein. Eduard war – wie sein Bruder Karl - Schüler des Ludwig-Georgs-Gymnasiums – absolvierte 1893 am LGG sein Abitur.
Sein Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule (TH) Darmstadt schloss er 1898 ab. Seine berufliche Laufbahn begann Eduard Wolfskehl im selben Jahr zunächst als Regierungsbauführer bei der Mainzer Eisenbahndirektion. Dort war er bis 1902 tätig, ehe man ihn 1903 zum großherzoglichen Regierungsbaumeister ernannte. Sodann nahm er seine Arbeit bei der Regierungsbaudirektion in Mainz wieder auf – und blieb dort bis zum Jahr 1908. Nach zwei Jahren als Eisenbahnbau- und Betriebsdirektor bei der Hessisch-Preußischen Eisenbahn-Gemeinschaft, avancierte Eduard Wolfskehl von 1910 bis 1914 zum Regierungsbaumeister in Darmstadt. In dieser Zeit wirkte Wolfskehl maßgeblich am Bau des heute noch existierenden Darmstädter Jugendstil-Hauptbahnhofs mit: So war er für den Bau der technischen Anlagen desselben von 1907 bis 1912 verantwortlich. Architekt des Hauptbahnhofs selber war der Stararchitekt Friedrich Pfützer, der Architekt und Eisenbahn-Baubeamte Friedrich Mettegang fungierte als oberster Bauplaner beim Ausbau der Großherzoglich-Hessen-Darmstädtischen Eisenbahnnetzes.
In der Zeit des Nationalsozialismus gelangte Eduard Wolfskehl in die Fänge der Nazis: So wurde er Anfang Mai 1943 illegal von den NS-Schergen verhaftet, weil er Deutscher jüdischen Glaubens war. Eduard Wolfskehl wurde im Zwangsarbeitslager Frankfurt-Heddernheim am 12. Juni 1943 im Alter von nur 68 Jahren ermordet. Bis zu seiner gewaltsamen Deportation und Ermordung lebte er in der Darmstädter Innenstadt am Wilhelminenplatz 4. Dort wurde am 15. März 2010 zu seiner Erinnerung auch ein Stolperstein verlegt. Zudem erinnert die Wolfskehl-Gedenktafel im Bessunger Wolfskehlschen Garten an ihn und die anderen Familienmitglieder.