Wissenschaftsstadt Darmstadt drängt auf Aufnahme minderjähriger Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern

(DK)

OB Partsch und Stadträtin Akdeniz: „Bundesregierung muss jetzt handeln!“

© Pixabay

Die Stadtverordnetenversammlung der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat bereits im Jahr 2016 beschlossen, sich für das europäische Umverteilungsprogramm (relocation program of the European Commission) auszusprechen und dessen Umsetzung durch die Bundesrepublik Deutschland explizit eingefordern. In dem Antrag hieß es: „Nur durch die Umsetzung des Programms können schutzbedürftige Menschen, die derzeit unter sehr schlechten Bedingungen in Lagern leben, auf legalem Weg, unter Einhaltung der Quote, nach Deutschland gelangen. Die Ausübung des politischen Drucks soll eine Beschleunigung darin erzielen, dass die Bundesregierung ihrer vertraglich geregelten Verpflichtung schnellstmöglich nachkommt.“ Bislang sind auf diesem Weg allerdings erst zwei Familien nach Darmstadt zugewiesen worden, einer Familie konnte der Weg aus einem griechischen Flüchtlingslager nach Deutschland gebahnt werden, sie zogen allerdings dann nach Bayern.

Im letzten Jahr, im März 2019, hat sich die Stadtverordnetenversammlung für die Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen ausgesprochen. Diese Bereitschaft wurde mehrfach an das Bundesinnenministerium kommuniziert – bislang ohne Erfolg.

Parallel dazu haben sich Oberbürgermeister Jochen Partsch und Sozialdezernentin Barbara Akdeniz aktiv um die Zuweisung von  Minderjährigen aus griechischen Flüchtlingslagern bemüht: „Wir bekunden regelmäßig und mit Nachdruck die Notwendigkeit, geflüchtete Menschen, insbesondere Kinder, aus den menschenunwürdigen Lagern in Griechenland zu uns nach Deutschland, nach Darmstadt, zu bringen. Leider ist bislang von Seiten der Bundesregierung weder eine Zuweisung von aus Seenot geretteten Menschen noch von minderjährigen Geflüchteten organisiert worden“, so Partsch und Akdeniz. „Das bedauern wir sehr, denn wir haben alle Vorkehrungen getroffen, um Minderjährige pädagogisch gut betreut bei uns aufzunehmen und ihnen eine sichere und kindgerechte Umgebung  und damit Lebensperspektive zu geben.“

Pfarrer Andreas Schwöbel ergänzt: „Es ist wichtig und gut, dass der Darmstädter Magistrat die  übergeordneten politischen Ebenen auffordert, ihren humanitären Verpflichtungen nachzukommen und dass wir hier an einem Strang ziehen. Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, den Blick auf besonders benachteiligte und in extrem prekären Umständen lebende Menschen zu richten. Von daher schließe ich mich der Forderung an die Bundesregierung an, Geflüchtete nach Darmstadt zuzuweisen. Wir haben immer noch ein großes und stabiles ehrenamtliches Netz in Darmstadt, die Ehrenamtlichen sind bereit, zu unterstützen und mitzuhelfen.“

In Darmstadt gibt es ein erfreulich großes zivilgesellschaftliches Engagement vieler einzelner Bürgerinnen und Bürger und mehrerer unterschiedlicher Initiativen und Einrichtungen, die sich für die Beendigung der unhaltbaren Zustände in Griechenland einsetzen. 

Oberbürgermeister Partsch erklärt, er werde sich nun im Sinne des Bürgerinnen- und Bürgerauftrages nochmals wie andere deutsche Städte auch an das Bundesinnenministerium wenden und die Bereitschaft Darmstadts formulieren, Geflüchtete aufzunehmen und damit ein Zeichen für Humanität zu setzen.

„Die Bedingungen in den griechischen Lagern sind menschenunwürdig und müssen beendet werden. Auch und gerade in Zeiten von Pandemien müssen wir unserer Verantwortung nachkommen und die Menschen in sichere und stabile Lebensbedingungen bringen“, so Partsch, Akdeniz und Schwöbel.

Gleichzeitig bekundet  Sozialdezernentin Akdeniz, dass das Amt für Soziales und Prävention sehr intensiv mit den Sozialdiensten der Darmstädter Erstwohnhäuser im Austausch ist. Dabei geht es konkret um das Zusammenleben unter den besonderen Hygienemaßnahmen, die Identifikation von Risikogruppen, Informationen und pädagogische Ansprache in schwierigen Zeiten.  „Es ist  eine große Belastung, auf engem Raum in der Pandemie leben zu müssen“, konstatiert Akdeniz. „Wir versuchen besonders bei den Risikogruppen Entzerrungen herzustellen, der Schutzaspekt steht im Vordergrund, eine mögliche Quarantäne-Einrichtung ist bereits hergerichtet, es wird in jedem Einzelfall mit den Menschen gesprochen und eine Lösung gesucht. Die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt wird nochmals intensiviert. Es ist leider dennoch nicht auszuschließen, dass Fälle auftreten werden.“

Dies begrüßt Andreas Schwöbel, der auch gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen gute Kontakte mit Bewohnerinnen und Bewohnern hat. „Es ist gut, dass die Stadt und die Sozialdienste sich bemühen, die Situation so gut wie möglich zu gestalten und die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner im Blick haben. Auch hier werden wir sehr gerne unterstützen und unser ehrenamtliches Engagement anbieten, um die besonders brisante Zeit der Pandemie zu bewältigen.“