Oberbürgermeister Hanno Benz hat die führende Rolle des Politikers, Parteienforschers, ersten Regierungschefs von Starkenburg/Südhessen und ersten Regierungspräsidenten in Darmstadt, Prof. Dr. Ludwig Bergsträsser (1883-1960), zu dessen 65. Todestag am 23. März 2025 hervorgehoben: „Ludwig Bergsträsser gehörte zur Wiederaufbaugeneration nach dem Zweiten Weltkrieg und war nach 1945 ein Vordenker, Weichensteller und Verfechter der liberalen Demokratie in Hessen.“
Am 14. April 1945 erhielt Bergsträsser von der US-Militärregierung den Auftrag, als Vorsitzender (ab dem 8. Mai 1945 als Präsident) einer neuen „Deutschen Regierung“ mit Sitz in Darmstadt im rechtsrheinischen Teil des vormaligen Volksstaats Hessen eine überregionale Verwaltung aufzubauen. Seine Befugnisse wurden bis Anfang August 1945 auf die Gebiete der früheren Provinzen Starkenburg und Oberhessen des Volksstaats Hessen ausgeweitet. Kurz darauf erfolgte die Umbenennung in „Deutsche Regierung des Landes Hessen“, das die Grenzen des ehemaligen Volksstaats Hessen umfasste.
Nach der Gründung von Groß-Hessen durch die US-Militärregierung endete Bergsträssers Amtszeit als Regierungschef am 12. Oktober 1945. Die bisherige Darmstädter „Deutsche Regierung“ hieß vom 4. November 1945 an „Regierungspräsident Hessen“, seit dem 21. Januar 1946 „Regierungspräsident Darmstadt“. Damit ging der Volksstaat Hessen mit seinen rechtsrheinischen Gebieten als Regierungsbezirk Darmstadt im heutigen Hessen auf. Bergsträsser blieb bis 1948 Darmstädter Regierungspräsident.
Seit 1934 lebte Bergsträsser im Wohnhaus seiner Familie mütterlicherseits in der Heinrichstraße und gehörte Wilhelm Leuschners deutschlandweiter zivilen Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime an. Er schrieb in dessen Auftrag Denkschriften zur künftigen politischen Ordnung. Geheimtreffen fanden auch im Hause Bergsträsser statt, der nach dem Scheitern des Attentats und Umsturzversuchs am 20. Juli 1944 nur knapp der Verfolgung entging.
Von 1946 bis 1949 war Bergsträsser hessischer Landtagsabgeordneter in Wiesbaden, 1946 wurde er Mitglied der Verfassungsberatenden Landesversammlung und Vorsitzender des Verfassungsausschusses. Von 1949 bis 1953 gehörte er als Abgeordneter dem Deutschen Bundestag an. 1950 übernahm Bergsträsser eine Honorarprofessur an der Universität Bonn und war seitdem auch Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Bergsträsser arbeitete federführend an der Hessischen Verfassung nach 1945 mit, die am 1. Dezember 1946 in Kraft trat. Er war weiterhin ein einflussreiches Mitglied des Parlamentarischen Rats von 1948/49, der das Grundgesetz und die neunzehn Grundrechtsartikel schuf. Hinsichtlich der politischen Demokratiebildung war ihm die Einführung eines „staatsbürgerlichen Unterrichts“ an hessischen Schulen und des Hochschulfachs Politikwissenschaft ein Anliegen.
Bergsträsser wurde am 23. Februar 1883 im elsässischen Altkirch geboren. Bereits 1910 war er Professor für Neueste Geschichte an der Universität Greifswald; von 1924 bis 1928 Reichstagsabgeordneter der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP), Leiter der Frankfurter Außenstelle des Reichsarchivs und Forscher zur Revolution von 1848 und der Frankfurter Paulskirchenversammlung. 1928 wurde er zum außerordentlichen Professor für Politik an der Universität Frankfurt am Main ernannt, 1933 wurde er von den Nationalsozialisten mit einem Berufsverbot belegt. Er starb am 23. März 1960 in Darmstadt, seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Friedhof.