Baumschutz in der Orangerie

Alle mit Hund aufgepasst – das Grünflächenamt bittet Sie aktuell um Ihre Mithilfe beim Baumschutz in der Orangerie. 

Die dortige Hundewiese erfreut sich bei Mensch und Tier zunehmend großer Beliebtheit. Dies führt allerdings auch zu einer hohen Anzahl an Hunden im Park und damit verbunden zu einem erhöhten Eintrag von Hundeurin. Da dies die Bäume anfälliger für einen im Boden vorhandenen Schadpilz macht, werden über den Orangeriegarten verteilt sog. „Hundepfosten“ aufgestellt, die anstelle der Bäume zum Urinieren genutzt werden sollen. Außerdem werden weitere Stellen markiert, an die Hunde ebenfalls urinieren können. Sie alle sind am Aufdruck einer Hundepfote zu erkennen.  Ziel ist es, den Eintrag von Hundeurin an den Baumstandorten möglichst stark zu reduzieren. 

Da die Pfosten nur funktionieren, wenn Hunde dort eine Duftmarke setzen, die andere Hunde dazu einlädt, darüber zu markieren, ist die Mithilfe der Hundehaltenden für das Gelingen der Maßnahme notwendig. Daher haben wir die Bitte, Ihre Hunde soweit möglich gezielt zu den „Hundepfosten“ anstelle der Bäume zu lenken. Dies ist vor allem in der Anfangsphase wichtig, damit die Pfosten angenommen und für die Hunde nach und nach attraktiver werden als die Bäume.

Weshalb ein verstärkter Baumschutz in der Orangerie notwendig ist, und welche Maßnahmen außerdem ergriffen werden, erfahren Sie hier.

Verstärkte Baumschutzmaßnahmen – weshalb?

Vielen Besuchern ist es sicherlich schon aufgefallen: den Kastanienbäumen in der Orangerie geht es in den letzten Jahren zunehmend schlechter. Immer wieder sterben ganze Bäume ab und müssen gefällt werden. Dafür sind mehrere Ursachen verantwortlich:

Eine der Hauptursachen ist der im Boden vorhandene Schadpilz „Hallimasch“ (Armillaria), ein weit verbreiteter Pilz, der Bäume über Eintrittspforten im Stammfuß- und Wurzelbereich befällt. Während vitale Bäume eine Hallimasch-Infektion meist erstmal abwehren können, hat er bei vorhandenen Rindenverletzungen und Schadstellen sowie an ’gestressten‘ Bäumen leichtes Spiel.

Hallimasch (Armillaria)

Die Pilzgattung „Hallimasch“ ist weltweit verbreitet. Sie umfasst zahlreiche Arten, die sich vorwiegend von totem Holz ernähren (Saprophyten). Hallimasch-Pilze tragen wesentlich zum Abbau von Wurzelstöcken und anderem Totholz bei. Einzelne Arten sind jedoch gefürchtete Parasiten, welche lebende Bäume befallen und abtöten oder zu Fäulen führen können. Fast alle Strauch- und Baumarten können vom Hallimasch befallen werden. Die Verbreitung des Pilzes erfolgt sowohl über Sporen als auch unterirdisch über wurzelähnliche Stränge, sogenannte Rhizomorphen. Letztere können sich im Boden ausbreiten und ein bis zwei Meter im Jahr wachsen. Die Infektion der Bäume erfolgt vom Boden aus über die Wurzeln und Wurzelanläufe sowie bodennahe Verletzungen. Während eine Hallimasch-Infektion von einem lebenskräftigen Baum zunächst abgewehrt werden kann, sind diese Reaktionen bei gestressten Bäumen - wie z. B. während großer Trockenheit - vermindert, und es kommt zur Infektion. In seiner parasitischen Form zerstört der Pilz dann die Wachstumsschicht in der Rinde, das Kambium, wodurch die befallenen Bäume meist ziemlich rasch absterben. Diese Fähigkeit hat ihm die Bezeichnung „Kambiumkiller“ eingebracht.

Begünstigt wird der Pilzbefall durch den Eintrag von Hundeurin. Da Hunde ihren Urin meist an Bäumen abgeben, und andere Hunde zur Reviermarkierun an der gleichen Stelle urinieren, kommt es teilweise zu stark erhöhten Konzentrationen an den Baumstandorten. Große Mengen an Hundeurin im Stammfuß- und Wurzelbereich führen zu Verätzungen und Gewebeschäden an Rinde und Feinwurzeln. Dadurch entstehen Eintrittspforten für Schadpilze wie den „Hallimasch“ und andere Krankheitserreger, die die Bäume in der Folge zum Absterben bringen können.

Erkennbar ist ein erhöhter Hundeurineintrag oft am fehlenden Algen- und Flechtenbelag und abgelöster Rinde im Stammfußbereich (Ätzschaden).

Hundeurin und seine Folgen

Eine Schädigung der Bäume entsteht in erster Linie durch die Urinbestandteile Harnsäure und Harnstoff.

Harnsäure greift Pflanzenzellen an und verätzt diese. Kommen Bäume damit andauernd in Berührung, führt dies zu einer Schädigung der Feinwurzeln und ‚guten‘ Mykorrhizapilze, die dem Baum bei der Nährstoffaufnahme helfen, sowie von Rinde und Bast. Dadurch wird der Wasser- und Nährstofftransport gestört, und der Baum wird anfälliger für Schadpilzbefall. Ätzschäden an der Rinde führen außerdem dazu, dass Krankheitserreger und Pilze wie der Hallimasch dort leichter eindringen können. 

Durch den Harnstoff kommt es zu einer lokalen Überdüngung mit Stickstoff, was zur Ausbildung von weichen Trieben, Zellen und Geweben führt. Die Folge ist eine höhere Anfälligkeit gegenüber Frost, Hitze und Pilzkrankheiten.

Ebenso wirken sich zunehmende längere Hitze- und Trockenperioden negativ auf die Bäume aus. So führt Wassermangel nicht nur zu Trockenschäden bis hin zum Absterben von Bäumen, sondern führt auch zu verminderten Abwehrkräften gegen Schaderreger wie z. B. den Hallimasch-Pilz, so dass dies eine doppelte Belastung für die Bäume darstellt. 

Neben dem Hallimasch setzen den Rosskastanien in den letzten Jahren allerorts zunehmend weitere pilzliche und bakterielle Erreger zu.

So ist seit 2007 eine neue Krankheit, das Bakterielle Rosskastanien-Sterben, auf dem Vormarsch. Dabei handelt es sich um eine Komplexkrankheit, bei der es im ersten Schritt zu einer Infektion durch das Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi kommt, und im zweiten Schritt ein Befall mit verschiedenen Schadpilzen erfolgt. 

Ähnliche Symptome wie beim Rosskastanien-Sterben werden durch den Algenpilz Phytophtora hervorgerufen. Außerdem ist auch ein Befall mit dem Pilz Verticillium möglich, der zu einer Verstopfung der Leitbahnen und einseitigen Welkeerscheinungen an den Bäumen führt.

Bisher waren Tests für alle drei Erreger in der Orangerie glücklicherweise negativ. Das Grünflächenamt behält die weitere Entwicklung diesbezüglich fest im Auge.

All dies macht aktuell einen verstärkten Baumschutz in der Orangerie notwendig. Da eine direkte Bekämpfung des Hallimasch-Pilzes im Boden nicht möglich ist, liegt das Hauptaugenmerk dabei auf einer Reduzierung von belastenden Faktoren für die Bäume, der Vermeidung möglicher Infektionswege und einer Stärkung der Bäume in (Trocken-)stressphasen, so dass sie sich besser gegen den Hallimasch wehren können.

Was wird getan?

Neben dem Aufstellen der Hundepfosten werden weitere angepasste Maßnahmen zum Schutz der Bäume durchgeführt.

Schutz für Neupflanzungen

Zusätzlich zu den „Hundepfosten“ werden neu gepflanzte Bäume bereits seit geraumer Zeit mit einem hölzernen Urinschutz am Baumgerüst ausgestattet. Dabei werden über dem Gießrand mehrere Querhölzer befestigt, so dass der Stammfußbereich geschützt ist. Dies ist aber nur ausreichend, solange der Wurzelballen klein ist. Auch dort sollten Hunde möglichst nicht urinieren.

Pflanzenstärkungsmittel „Trichoderma“

Derzeit läuft ein vierjähriges Testverfahren mit einem Pflanzenstärkungsmittel, das einen in der Natur vorkommenden antagonistischen Pilz enthält, der den Hallimasch befällt, Pflanzen aber nicht schädigt. Dieses wird in regelmäßigen Abständen im Wurzelbereich der Bäume ausgebracht. Die Ergebnisse stehen allerdings noch aus.

Trichoderma atrobrunneum ist ein natürlich im Boden vorkommenden Pilz, der zu einer Stärkung der Bäume beitragen, aber gezielt auch Schadpilze befallen kann.

Die Wirkweise des Pflanzenstärkungsmittels beruht zum einen auf einer Präimmunisierung der Bäume, wobei die Produktion von Botenstoffen in der gesamten Pflanze durch Trichoderma ausgelöst wird. Botenstoffe sind Signalmoleküle und warnen die Pflanze, wenn ein Schaderreger angreift. Normalerweise werden sie erst produziert, wenn ein Schaderreger auftritt. Mit Trichoderma geschieht dies schon vorher. Damit kann die Pflanze schneller auf einen Schaderregerangriff reagieren und ist dadurch resistenter. Im Gegensatz zu Schadpilzen kann Trichoderma aber eine Symbiose mit der Pflanzenwurzel eingehen und deren Nährstoffaufnahme fördern. Dazu kommt die Fähigkeit zum Mykoparasitismus, wobei Trichoderma gezielt auf holzzersetzende Schadpilze zuwächst und sich mittels schnell wachsender Hyphen um deren Pilzfäden windet, die Zellwände auflöst und sich von den Zellen der Schadpilze ernährt. Durch die hohe Konkurrenzkraft kann den Schadpilzen außerdem Nahrung im Boden entzogen werden. Die bisherige Forschung zeigte dabei keine negativen Auswirkungen auf die für die Bäume wichtigen Mykorrhizapilze oder Wurzelknöllchen – vielmehr kann eine Behandlung damit bewusst kombiniert werden.

Das Mittel ist frei von gefährlichen Inhaltsstoffen und wird mehrmals im Jahr über die Vegetationsperiode verteilt im Gießverfahren ausgebracht; dabei reicht bereits eine sehr geringe Wirkstoffkonzentration.

Reduzierung von Übertragungswegen

Zwar haben bisherige Tests noch keinen Befall mit Verticillium und anderen pilzlichen Erregern ergeben, die auch über Schnittwerkzeuge von Baum zu Baum übertragen werden können. Sicherheitshalber erfolgt trotzdem eine Desinfektion der Schnittwerkzeuge bei Baumarbeiten in der Orangerie. Bei Neupflanzungen wird ein vorheriger Bodenaustausch durchgeführt.

Unterstützung in Trockenphasen und Standortverbesserungsmaßnahmen

Hierfür ist zum einen eine erweiterte bedarfsgesteuerte Bewässerung geplant. Außerdem sollen Bodenuntersuchungen Aufschluss über weitere Möglichkeiten zur gezielten Standortverbesserung liefern.

Resistentere Nachpflanzungen

Aktuell erfolgen erste versuchsweise Nachpflanzungen mit einer anderen Rosskastanien-Sorte, die bislang als weniger krankheitsanfällig gilt.

Adresse

Grünflächenamt, Abt. Forsten, Biotopschutz, Stadtbäume

Standort Hilpertstraße

Postfach 11 10 61
64225 Darmstadt

Standort Hilpertstraße

Hilpertstraße 31
64295 Darmstadt
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